Bericht
02 Going Somewhere Karin Karinna Buehler DIE LETZTEN TAGE DES PATRIARCHATS 2021 Foto Anna Tina Eberhard

Karin Karinna Bühler, DIE LETZTEN TAGE DES PATRIARCHATS, 2021, Foto: Anna-Tina Eberhard

Going Somewhere?

Unter dem Titel Going Somewhere? hat der Kunstverein St.Gallen Künstlerinnen eingeladen, die im Ausstellungsprogramm des Kunstmuseums St.Gallen vertreten sind, eine Skulptur im öffentlichen Raum zu gestalten. Die Kunstwerke werden seit Oktober 2021 im Stadtpark in St.Gallen beim Kunstmuseum St.Gallen platziert. Going Somewhere? soll unbeschwert und unmittelbar das Publikum an die bildende Kunst heranführen.

DIE LETZTEN TAGE DES PATRIARCHATS der Künstlerin Karin Karinna Bühler wurde für die länderübergreifende Ausstellung Heimspiel 2021 konzipiert und als zweite Skulptur des Ausstellungsprojekts Going Somewhere? an der Fassade des Kunstmuseums St.Gallen angebracht. Die Künstlerin analysiert mit kritischem Blick unsere Gesellschaft und befragt mit einer präzisen Intervention den Umgang mit Macht und Gender. Das Erkunden von Lebenszusammenhängen und kulturhistorische Recherchen bilden die Basis ihrer Projekte.

Demontage und Tour

Am Montag, 20. Februar 2023, wird die Skulptur/Textarbeit von Karin Karinna Bühler abgebaut. Zur Demontage unterschreiben fünf Entscheidungsträger*innen des Kunstmuseum St.Gallen ein Manifest: Gianni Jetzer (Direktor Kunstmuseum St.Gallen), Melanie Bühler (Senior Curator Kunstmuseum St.Gallen), Angela Hensch (Präsidentin Stiftung Kunstmuseum St.Gallen), Gaby Senn (Präsidentin Kunstverein St.Gallen) und Nadia Veronese (Senior Curator Kunstmuseum St.Gallen) sind gewillt, das Kunstmuseum in eine Zukunft zu führen, in der den patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft bewusst entgegengetreten wird.

Die Skulptur DIE LETZTEN TAGE DES PATRIARCHATS soll anschliessend auf Tour gehen und bei weiteren Institutionen das Ausarbeiten eines Manifests auslösen.

Manifest

Der Direktor Gianni Jetzer, die Kuratorinnen Nadia Veronese und Melanie Bühler des Kunstmuseums St.Gallen, die Präsidentin des Kunstvereins St.Gallen Gaby Senn, die Präsidentin der Stiftung Kunstmuseum St.Gallen Angela Hensch sind gewillt, das Kunstmuseum St.Gallen in eine Zukunft zu führen, in der den patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft über die Zeit bewusst entgegengetreten wird, indem:

  • das Kunstmuseum sich für eine übergreifende Repräsentationspolitik engagiert und ALLE Menschen sichtbar macht.
  • Lücken in der historischen Sammlung mit Werken von Künstlerinnen gefüllt werden. Ziel dabei ist, die Kunstgeschichte mit dem Blick der Künstlerin zu ergänzen.
  • beim Erwerb von zeitgenössischen Werken Künstlerinnen und Künstler gleichermassen berücksichtigt werden; die Geldsumme hälftig für Werke von Künstlerinnen ausgegeben wird.
  • ausbezahlte Honorare an Künstlerinnen und Künstler kein unbegründetes Gefälle aufweisen.
  • die Hälfte aller Einzelausstellungen von Künstlerinnen bestritten werden.
  • hälftig Publikationen zu Werken von Künstlerinnen, Künstlerinnen-Monografien herausgegeben, gefördert, finanziert werden.
  • Texte in gendergerechter Sprache verfasst werden.
  • in Texten für die Presse, Website, Saalblatt etc. bei der Aufzählung von Kunstschaffenden gleich viele Künstlerinnen namentlich genannt werden wie Künstler.
  • auf Kunstreisen so viele Ateliers und Ausstellungen von Künstlerinnen wie von Künstlern besucht werden.
  • für Interviews und Expert*innengespräche so viele Künstlerinnen wie Künstler ausgewählt werden.
  • die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien divers aufgestellt ist (Gender, Hautfarbe, Herkunft, Alter).
  • bei der Zusammenarbeit mit Galerien jene Galerien vorziehen, die Künstlerinnen fördern.
  • bei der Zusammenarbeit mit Sammler*innen jene Sammler*innen vorziehen, die Künstlerinnen fördern.
  • auch in Haustechnik, Ausstellungsaufbau, Betreuung, Kasse, Reinigung, Bistrobetrieb etc. geschlechtergerechte Löhne und Diversität gewährleistet werden.
  • dass auf eine geschlechterausgeglichene Auftragserteilung an Externe geachtet wird.

Alle Massnahmen dienen der Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung und können auf andere Bereiche der Gesellschaft adaptiert werden.

«Das Manifest hat zum Ziel, das Bewusstsein für androzentrische Legitimationsmuster am Beispiel des Kunstmuseums zu thematisieren, aufzudecken, aufzuheben und neue Werte zu schaffen. In einem kollektiven Prozess wird die Frage geklärt Wo, in welcher Form ist das Patriarchat in der Institution erkennbar?, um dann zu definieren, wie die Situation vor Ort verbessert werden kann.»

Karin Karinna Bühler

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